Veranstaltungen - Berichte
 

 

4. Österreichische Umweltrechtstage in Linz


Das Institut für Umweltrecht der Universität Linz und der Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaftsverband veranstalteten am 9. und 10. September 1999 an der Universität Linz unter der bewährten Leitung von Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner (Universität Linz, Institut für Umweltrecht und Institut für Zivilrecht, Abteilung für Umweltprivatrecht) bereits die vierten Österreichischen Umweltrechtstage, diesmal zum Generalthema "Neues Anlagenrecht und Stand der Technik". Den Platz des verhinderten Univ.-Prof. Dr. Bernhard Raschauer nahm diesmal souverän o.Univ.-Prof. Dr. Harald Stolzlechner (Universität Salzburg, Institut für Verfassungsrecht) ein.
 

Am ersten Tag erhielten die Teilnehmer im Vorseminar einen Überblick über die aktuellen Neuerungen im Umweltrecht:
Den vorzüglichen Einstieg bot a.Univ.-Prof. Dr. Andreas Hauer (Universität Linz, Institut für Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre) mit einer Übersicht über einschlägige aktuelle Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes (insbesondere Semmering-Erkenntnis) und des Europäischen Gerichtshofes und einem kurzen Abriß über die Entwicklung des UGBA (Umweltgesetz für Betriebsanlagen).
Im Anschluß daran trug Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner den von Univ.-Prof. Dr. Bernhard Raschauer verfaßten umfassenden Beitrag über Aktuelles aus der verwaltungsrechtlichen Literatur, Gesetzgebung (Berg- und Wasserrecht sowie [Nicht-]Umsetzung von Europäischem Gemeinschaftsrecht) und Rechtsprechung (Gewerbe-, Abfall- und Wasserrecht) vor, bevor er in eigenem Namen vor allem über Neuerungen in der zivilrechtlichen Gesetzgebung und Rechtsprechung (etwa Judikaturdivergenz zum nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 364a ABGB und Haftung für Demonstrationsschäden) referierte. Rechtsmittel-Entscheidungen zum Umweltstrafrecht waren diesmal nicht zu berichten.
 

Nach der offiziellen Eröffnung durch Herrn GR Mag. Klaus Luger beleuchtete o.Univ.-Prof. Dr. Harald Stolzlechner in seinem Referat zum Thema "Zur Reform des Betriebsanlagenrechts - Überlegungen zum Entwurf eines Umweltgesetzes für Betriebsanlagen (UGBA)" zunächst die Gründe für das vorläufige Scheitern der Anlagenrechtsreform, bevor er einprägsam die wichtigen Neuerungen des UGBA-Entwurfes gegenüber dem Vorentwurf ("Betriebsanlagengesetz") wie auch deren Gemeinsamkeiten herausarbeitete. Insgesamt beurteilte er den UGBA-Entwurf als einen entscheidenden Fortschritt auf dem Weg zu einem einheitlichen Umweltanlagenrecht, zeigte aber auch entscheidende kompromißfähige Lösungsalternativen auf.

Anschließend referierte Univ.-Doz. Dr. Stephan Schwarzer (Wirtschaftskammer Österreich) über "Das neue Anlagenrecht aus der Sicht der Wirtschaft". Nach der Präsentation einer aus seiner Sicht wenig erfreulichen Bilanz der abgelaufenen Gesetzgebungsperiode begrüßte er die zwischenzeitlich bereits festzustellende Beschleunigung der Anlagengenehmigungsverfahren, bevor er im Hinblick auf das seines Erachtens zur Zeit "antiquierte kakanische Anlagenrecht" nachdrücklich eine effiziente Vorgangsweise bei der Erarbeitung einer Anlagenrechtsreform und eine wirtschaftsfreundliche Ausrichtung derselben forderte.
 

Ing. Johann Sigmund (VOEST Alpine Stahl AG, Linz) behandelte in seinem Vortrag über die "'Best verfügbare Technik' am Beispiel der Eisen- und Stahlerzeugung" nicht nur die Vorgaben des Referenzdokumentes der "Besten verfügbaren Technik in der Eisen- und Stahlproduktion" (erstellt vom European IPPC Bureau in Sevilla im Auftrag der Generaldirektion XI der Europäischen Kommission), sondern schilderte auch einprägsam die praktischen Auswirkungen auf die österreichischen Betriebe.

Vertreter des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft präsentierten die letzten beiden Vorträge des ersten Tages:
Zunächst steckte MR Dr. Franz Oberleitner unter dem Thema "Stand der Technik und Anlagenrecht im Wasserrecht" die rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Er systematisierte insbesondere die Technikklauseln im österreichischen, deutschen und EU-Recht und zeigte, daß der Begriff "Stand der Technik" - isoliert gesehen - unbestimmt sei und daher einer näheren Konkretisierung in den unterschiedlichen Bereichen bedürfe.
Darauf aufbauend zeigte MR Dipl.-Ing. Dr. Friedrich Hefler in seinem Vortrag "Technikbewertung und Stand der Technik in der Verwaltungspraxis" die praktischen technischen Probleme auf. Er gewährte dem Plenum vor allem auch einen "Blick in die Werkstätte", indem er plastisch Probleme und Vorgangweise bei der Festlegung von Grenzwerten in verschiedenen Verfahren schilderte.

Die Referate wurden jeweils sowohl am Podium als auch im hoch qualifizierten großen Plenum gründlich diskutiert.

Den Abschluß des ersten Tages bildete der Empfang der Tagungsteilnehmer durch das Land Oberösterreich (vertreten durch Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Christoph Leitl) und die Stadt Linz (vertreten durch den Leiter des Amtes für Natur- und Umweltschutz Dr. Walter Medinger) aus. Hier ergab sich die Gelegenheit, in herzlicher, angenehmer Atmosphäre offen gebliebene Fragen zu diskutieren und Ideen sowie praktische Erfahrungen auszutauschen.

Wegen der großen praktischen Bedeutung des Anlagenrechts wurden heuer am zweiten Tag ausnahmsweise keine parallelen Workshops abgehalten.
 

So präsentierte Dr. Waltraud Petek (Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie) dem Plenum "Neues Anlagenrecht in Hinblick auf UVP und integrierten Umweltschutz (IPPC)". Sie ging dabei ausführlich auf die EG-UVP-Änderungs-Richtlinie und die EU-IPPC-Richtlinie, den entsprechenden akuten Umsetzungsbedarf Österreichs und die Möglichkeit einer unmittelbaren Anwendbarkeit dieser Richtlinien wegen der fehlenden Umsetzung durch Österreich ein.
 

MR Dr. Franz Oberleitner stellte in seinem Referat "Neues Anlagenrecht im Wasserrecht" zunächst Struktur und Funktion des Wasserrechts einerseits und des Anlagenrechts andererseits gegenüber, bevor er auf dieser Grundlage hinsichtlich der jüngsten Entwürfe zum Anlagenrecht Procedere und Inhalt kritisierte. Abschließend präsentierte er seine Vorstellungen von einem neuen Anlagenrecht, wobei er vor allem auf eine ausreichende Berücksichtigung wasserrechtlicher Gesichtspunkte großen Wert legte und eine offene, ausgewogene Diskussion über das neue Regelwerk (einschließlich aller Details) forderte.

Im letzten Vortrag des Tages referierte Univ.-Ass. Mag. Dr. Erika Wagner (Universität Linz, Institut für Umweltrecht und Institut für Zivilrecht) über den "Nachbarschutz im neuen Anlagenrecht". Nach der Behandlung verfassungsrechtlicher Aspekte zur Einräumung von Nachbarrechten und der zentralen Aspekte der Parteistellung im Entwurf zum UGBA erläuterte sie differenziert den Kreis der Nachbarn sowie die Stellung und die rechtlichen Möglichkeiten der Nachbarn in den verschiedenen im Entwurf vorgesehenen Verfahren. Die Referentin konnte dabei erhebliche Rechtsschutzlücken aufdecken.
 

In den an die einzelnen Referate anschließenden Diskussionen wurde immer wieder der Wunsch nach Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren laut. Einigkeit bestand dabei darüber, daß es zu keinem überhasteten Gesetzgebungsprozeß kommen sollte, sondern daß man sich für eine eingehende Diskussion sowohl des Gesamtkonzepts wie auch der verschiedenen Details genug Zeit nehmen sollte, um so zu einer sinnvollen, ausgewogenen und dauerhaften Lösung zu gelangen.
 

Angesichts der großen Teilnehmerzahl und der hohen Qualifikation der Teilnehmer am Podium wie auch im Plenum wird wohl die Jubiläumsveranstaltung im Jahr 2000 (7. und 8. September 2000) ebenfalls wieder äußerst interessant. 


Rainer Weiß


 
 

Back

Home


Mit Ihren Anfragen, Beschwerden, Wünschen und Sonstigem wenden Sie sich bitte an den Webmaster.
Letztes Update: 13. November 2001