Bericht 1. Internationales Symposium zum Europäischen Umweltrecht
zum Generalthema "Europäisches Klimaschutzrecht"
Am 21. und 22. Juni 2012 fand an der JKU Linz im Rahmen der Kooperation zwischen dem Institut für Umweltrecht der JKU und dem Institut für Umwelt- und Technikrecht Trier das "1. Internationale Symposium zum europäischen Umweltrecht" unter dem Titel "Europäisches Klimaschutzrecht" statt (Zukünftig werden alle 2 Jahre abwechselnd in Linz und Trier Symposien zum europäischen Umweltrecht abgehalten). Die wissenschaftliche Leitung lag in den bewährten Händen von Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner, Univ.-Prof. Dr. Erika M. Wagner und Univ.-Prof. Dr. Nicolas Raschauer (alle JKU Linz) sowie Prof. Dr. Reinhard Hendler (Universität Trier), die auch die Moderation der einzelnen Blocks übernahmen.
Der hervorragende Besuch trotz großer "Konkurrenzveranstaltungen" auf nationaler und internationaler Ebene zeigte, wie sehr die Fachwelt bereits für das Klimaschutzrecht sensibilisiert ist.
Eröffnet wurde die Tagung mit Grußworten von Frau Dr. Waltraud Petek, (in Vertretung von BM Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich), Vizerektor Univ.-Prof. DDr. Herbert Kalb (JKU Linz), Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner (JKU Linz) und Prof. Dr. Reinhard Hendler (Universität Trier).
Im ersten Block der Tagung ("Rechtliche Instrumente") gab Univ.-Prof. Dr. Astrid Epiney, LL.M. (Universität Freiburg) unter dem Titel "Instrumente und Optionen im europäischen Klimaschutzrecht" einen ausgiebigen Überblick über den primärrechtlichen Rahmen sowie über den Stand des EU-Sekundärrechts auf dem Gebiet des Klimaschutzes.
In ihrem Fazit bezweifelte sie die Wirksamkeit des derzeit zur Verfügung stehenden Instrumentariums und wies auf einen Handlungsbedarf in vielen Bereichen hin, so etwa im Erfassen weiterer Politiken (zB Verkehr). Zufassend bemerkte sie, dass derzeit kein wirklicher Grund für Optimismus im Europäischen Klimaschutzrecht bestehe.
Im zweiten Block des Symposiums ("Europäisches Anlagenrecht und Klimaschutz") referierte zunächst Univ.-Prof. Dr. Verena Madner (WU Wien) über den „Beitrag des europäischen Anlagenrechts (IPPC und Großfeuerungsanlagen sowie Optionen)“. Nach der Darstellung des EU Emission Trading System (ETS) beschäftigte sie sich mit dem "Zusammenprall unterschiedlicher 'Regelungsphilosophien'", nämlich ordnungsrechtlicher und marktwirtschaftlicher Instrumente. Dabei arbeitete sie nicht nur die jeweiligen Spezifika beider Systeme, sondern auch Möglichkeiten einer Abstimmung der Konzepte im Sinne eines Instrumentenmix heraus.
Im Anschluss daran widmete sich zunächst RA Hon.-Prof. Dr. Wilhelm Bergthaler in gewohnt pointierter wie auch fundierter Art und Weise der Frage „CO2-Handel als wirksames Instrument?“ "Aus österreichischer Sicht". Er arbeitete dabei vor allem die Herausforderungen für Gesetzgebung und Vollziehung, aber auch für die Industrie heraus. Sein Befund war, dass sich der CO2-Handel noch immer in der Experimentierphase befindet, und dass Defizite in der Entwicklungssteuerung wie auch im Rechtsschutz bestehen.
Der Frage „CO2-Handel als wirksames Instrument?“ widmete sich in der Folge auch Assoc.-Prof. JUDr. Voitech Stejskal Ph.D. (Karls-Universität Prag), und zwar "Aus tschechischer Sicht". Er stellte vor allem auch den neuen Entwurf eines Gesetzes über den Handel mit Treibhausgas-Emissionen der tschechischen Regierung vor. Er konstatierte Tschechien zwar gute rechtliche Ansätze, bemerkte aber, dass das politische Klima in Tschechien derzeit "nicht klima-freundlich" sei.
Den dritten Block des Symposiums ("Verkehr") eröffnete em.Prof. Dr. Meinhard Schröder (Universität Trier) mit seinem Vortrag zum Thema „Straßenverkehr: Eine Herausforderung für den Klimaschutz - am Beispiel der Innenstadtmaut". Er skizzierte zwei mögliche Szenarien, nämlich einerseits die City-Maut als Verkehrslenkungsabgabe (Steuer, Gebühr oder Lenkungssonderabgabe) und andererseits die City-Maut als spezielle Umweltabgabe (als Steuer bzw Gebühr unzulässig, als Lenkungssonderabgabe problematisch, aber unzweckmäßig). Abschließend skizzierte er noch weitere Anforderungen an die City-Maut, nämlich insbesondere das Kriterium der Städteauswahl, die Frage der Verhältnismäßigkeit (iZm Eingriffen in Freiheitsgrundrechte) und eine mögliche Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes.
Daran anschließend beleuchtete a.Univ.-Prof. Dr. Sigmar Stadlmeier, LL.M. (JKU Linz) in seinem Vortrag "Flugverkehr – Effektivität des CO2-Handels?" ein in technischer wie auch rechtlicher Hinsicht sehr wenig bekanntes Thema. Er stellte dabei eindrucksvoll das Zusammenspiel von internationalen Verträgen, Europarecht und nationalem Recht dar und ging auch auf die entsprechende Rechtsprechung des EuGH näher ein.
Den vierten Block ("Energie") eröffnete Dr. Wolfgang Urbantschitsch (E-Control) mit seinen höchst interessanten Ausführungen zur "Energieeffizienz". Er bewegte sich dabei treffsicher im Schnittkreis von Recht, Politik und Wirtschaft. So stellte er als Basis die politischen Initiativen wie auch die Rechtslage auf europäischer Ebene dar, bevor er sich näher der Energieeffizienz in Österreich widmete. Auch derzeit heiß diskutierte Themen wie etwa "Smart Meter" und "Smart Grids" behandelte er genauer.
Den Abschluss des ersten Tages bildeten eine Führung durch das Ars Electronica Center Linz sowie ein Dinner im Arcotel Linz, bei dem die Diskussionen des Vor- und Nachmittags in entspannter Atmosphäre fortgeführt werden konnten.
Der zweite Tag begann mit dem vierten Block ("Landwirtschaft und Klimaschutz"). Em.Univ.-Prof. Dr.Dr.h.c. Franz-Joseph Peine (Universität Frankfurt) stellte in seinem gleichnamigen Vortrag zunächst die naturwissenschaftlichen Grundlagen dar und arbeitete klimarelevantes landwirtschaftliches Handeln heraus. Auf dieser Grundlage konnte er näher auf das klimaschützende Landwirtschaftsrecht eingehen, wobei er klar zwischen direktem und indirektem Klimaschutz durch Landwirtschaftsrecht differenzierte und auch entsprechende rechtspolitische Vorschläge präsentierte. Abschließend wies er darauf hin, daß es zwar rechtliche Möglichkeiten der Verbesserung der Klimabilanz der Landwirtschaft gebe, dass aber letztlich jeder Einzelne durch Änderung der Verzehrgewohnheiten einen Beitrag zum Klimaschutz leisten müsste!
Im fünften Block des Symposiums ("Europäisches Umweltstrafrecht und Klimaschutz") stellte zunächst Prof. Dr. Bernd Hecker (Universität Trier) die Umsetzung der "Richtlinie 2008/99/EG vom 19.11 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt" in Deutschland dar. Nach der Aufbereitung der Grundlagen des Europäischen Umweltstrafrechts im Allgemeinen und der RL 2008/99/EG im Besonderen ging er näher auf das System des deutschen Umweltstrafrechts einschließlich seiner Instrumente und Besonderheiten ein, um danach anhand eines zwar fiktiven, aber doch praxisnahen Fallbeispiels die Umsetzung der RL in Deutschland zu demonstrieren. In seinen Abschlussthesen hob er besonders die seit kurzem bestehende Unionsrechtsakzessorietät der deutschen Umweltdelikte als wichtige Innovation hervor.
Im Anschluss daran behandelte assoz. Univ.-Prof. Dr. Lyane Sautner (JKU Linz) die Umsetzung der "Richtlinie 2008/99/EG vom 19.11 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt" in Österreich. Nach einem prägnanten Streifzug durch die (jüngere) Geschichte des Umweltstrafrechts in Österreich ging sie näher auf die das Strafrechtsänderungsgesetz 2006 und schließlich auf die StGB-Novelle 2011 ein, mit der die RL in Österreich umgesetzt wurde. Aufgrund der Analyse der einzelnen Tatbestände des österreichischen Umweltstrafrechts kam sie zum Befund, dass die RL zwar relativ genau im österreichischen Umweltstrafrecht abgebildet ist, dass dieses aber zum Teil ein höheres Schutzniveau als die RL aufweist. Sie konstatierte abschließend, dass durch die letzten Novellen das Strafbarkeitsnetz im Bereich der Umweltdelikte zwar enger geknüpft wurde, dass aber die umweltschützende Kraft dieser Normen erst abzuwarten bleibt.
Den siebten und abschließenden Block des Symposiums bildete die von Prof. Dr. Reinhard Hendler moderierte Podiumsdiskussion mit em.Univ.-Prof. Dr.Dr.h.c. Franz-Joseph Peine (Universität Frankfurt), Prof. Dr. Alexander Proelß (Universität Trier), RAA Ing. Mag. Wolfgang Brenner (KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH) und Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner (JKU Linz). In dieser Diskussion wurden nicht nur offengebliebene Fragen aus den Diskussionsrunden zu den einzelnen Blocks aufgearbeitet, sondern auch eine Bilanz über gelöste und ungelöste Probleme in Zusammenhang mit dem europäischen Klimaschutzrecht gezogen.
Die rege Teilnahme des interessierten Publikums und die zahlreichen Diskussionsbeiträge, die maßgeblich zum großen Praxisbezug und letztlich zum Gelingen des Symposiums beigetragen haben, lassen bereits jetzt einen großen Erfolg des nächsten Symposiums in Trier erwarten.
Fotos: Carmen Klausbruckner, Juni 2012
Post-Production: Rainer Weiß, Juli 2012